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Gemeinsam diskutieren als Balsam

Aktiv bleiben: Gesprächsrunden hatten schon immer ihren festen Platz. Am Stammtisch, im Wohnzimmer, vorm Kamin oder in der Küche. Bei den Grauen Panther sind sie daher wichtiger Teil des generationenübergreifenden Angebots.

Gemeinsam diskutieren als Balsam

Gesprächsrunden sind gut für die Seele und halten gleichzeitig fit. Bild: Getty

Es wird zu wenig diskutiert. Richtig diskutiert. Keine oberflächlichen Plänkeleien. Viel mehr erfahrungstiefe, wohltuende, heilende und ausführliche Gespräche zu relevanten, essenziellen Themen. Mit Bereitschaft, andere Meinungen zu akzeptieren. Und natürlich ist Relevanz dabei immer subjektiv. Wie erfrischend es sein kann, mit Menschen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher sozialer Stellung zu diskutieren, erfahre ich in einer der 55 Gruppen bei den grauen Panther in Basel. Im Quartierstreffpunkt Quba trifft sich die Gruppe Dialog regelmässig, um über vorher festgelegte Themen zu sprechen. Vorkenntnisse sind nicht notwendig. Aber alle persönlichen Erfahrungen willkommen. Heute zum Thema Verzicht. Ein Thema, das je nach Alter und sozialer Herkunft sehr unterschiedlich wahrgenommen wird. Ich freue mich vor allem darauf, Erfahrungen und Gedanken der älteren Generation zu diesem Thema zu erfahren. Menschen, die beispielsweise die Nachkriegszeit erlebt haben. Menschen, die den Wirtschaftsboom erlebt haben. Meine Generation, die in den Wohlstand geboren worden ist und sich Verzicht nun selbst auferlegt, um freier zu sein.

Thema Verzicht: Versuch einer Definition

Mir gegenüber findet Martina Verzicht ebenfalls als Freiraum und Freiheit und unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen freiwilligem Verzicht und unfreiwilligem Verzicht, der oft das Gegenteil von Freiheit bedeutet. So sieht es auch Regula: «Meine Schwester hat ihr Haus verkauft und ist in eine Wohnung gezogen, wo sie weniger unterbringen konnte. Für sie war die Entrümpelung eine Wohltat.» Weniger ist eben manchmal mehr. Natürlich kommen die Entbehrungen während der Nachkriegszeit ins Gespräch. Und dann der Wirtschaftsboom, die 90er-Jahre, als das «Konsumkoma» losging. Heutige Minimalisten, die sich auferlegen, max. 100 Dinge zu besitzen. Nicht alle in der Runde können das nachvollziehen. Moderatorin Ingeborg bringt den Lockdown ins Spiel. In diesem Zusammenhang schmerzten vor allem der fehlende körperliche Kontakt oder das Treffen mit Familienmitgliedern. «Das Schlimmste war, seine Freunde und die Kinder nicht zu sehen», so meine Nachbarin Heidi. Esther mir gegenüber pflichtet ihr traurig bei. «Ich habe meine Enkelin von eineinhalb Jahren erst vor kurzem sehen können. Davor nur auf Fotos.»

Last oder Luxus

Ich bin erstaunt über die Ruhe, die Esther dabei ausstrahlt. Doch Moderatorin Ingeborg bringt es auf den Punkt: «Wir sind mit Verzicht aufgewachsen, konnten nicht alles kaufen und besitzen, mussten manchmal länger auf etwas warten. Das hat unserer Generation sicher geholfen, mit der Pandemie zurechtzukommen. » Ein wichtiges Thema, das nun angeregt diskutiert wird. Auch aufgrund unterschiedlicher sozialer Stellung wurde die Zeit der Pandemie unterschiedlich gelebt. «Unser Garten war sehr wichtig in dieser Zeit», so Ingeborg «Die Natur konnte ein wenig die Ängste nehmen, aber die fehlende körperliche Nähe der Familie war wirklich schwer zu ertragen.» Man merkt den Redebedarf zu diesem Thema, und auch die heilende und regenerative Wirkung, wenn man sich die Sorgen von der Seele redet. Überraschende Blicke und neue Erkenntnisse wechseln sich dabei mit zustimmendem Nicken ab. Irgendwann sind wir bei der unterschiedlichen Wahrnehmung von Verzicht. Je nach finanzieller Lage kann Verzicht Last oder Luxus sein. Dauerhafter auferlegter Verzicht, insbesondere einhergehend mit finanzieller Not, führt zu Sorgen und macht langfristig krank. Hinzu kommt die Ausgrenzung. Oder nur schon die Angst davor, die lähmen und depressiv machen kann. Ein Negativkreislauf und ein grosses Problem in unserer auf Konsum ausgerichteten Gesellschaft. Diese Konsumorientierung wollen viele kritisch denkenden Jugendlichen dagegen nicht mehr mitmachen, sie haben andere Wünsche und einen anderen Umgang mit Geld, wie Heidi die Einstellung ihrer Töchter erklärt. Sachen werden wieder vermehrt geteilt. Auch ich werfe ein, kein Auto mehr zu haben und das als ein Stück Freiheit zu empfinden. Ich meine, in einigen älteren Augen daraufhin ein wenig Unverständnis zu erkennen.

Wir könnten ewig weiterdiskutieren, überziehen die Zeit, bis Ingeborg die Sitzung beendet, beenden muss, da der Raum anderweitig gebucht ist. Die Gruppe sammelt noch Themen für die nächsten Gesprächsrunden: Ängste als eigenständiges Thema, Würde und Identität werden gewünscht. Danach tauscht man sich noch vor dem Quartiertreffpunkt aus, gibt oder erhält Tipps. Ich nehme mir vor, nächstes Mal wieder dabei zu sein, habe ich die Gesprächsrunde doch als sehr bereichernd empfunden. Vor allem ohne jegliche Ablenkungen wie z. B. Handys als ewig stille Begleiter. So bleibt Platz für das Thema und die Diskussionspartner. Dominique Simonnont

Weitere Informationen www.grauepanther.ch

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